Reformation & Humanismus


Was ist nur geschehen, dass Abt Friedrich Pistorius, zusammen mit dem Prior und dem Konvent von St. Egidien am 12. Juli 1525 die Klostergebäude mit allen Einkommen und Kleinodien an den städtischen Almosenpfleger übergibt? Die Diskussion über die Beweggründe, die Katastrophe einer weiteren Spaltung der Christenheit nach dem Schisma der Ostkirche, hält an.

Stellen wir soviel dazu fest, dass die Entscheidung, das Egidier Vermögen in den gemeinen Kasten (= das neue Almosenamt) zu geben und das sog. erste Gymnasium auf deutschem Boden in Egidien zu

gründen, eine Übereinkunft der geistlichen und bürgerlichen Kräfte vor Ort war.
Die Freiheit dazu meinten sie in der Begründung der Hl. Schrift und in der weitgehenden Übereinstimmung des Rates mit den gelehrten Meinungsführern, aber auch mit dem gesamten Stadtvolk gefunden zu haben: Soziale Versorgung, schulische Bildung und kirchliche Ordnung seien der ganzen Gemeinde aufgetragen.
Typisch reformatorisch ist die Zuwendung zu den Kindern und Jugendlichen, der ungeheure Aufschwung der christlichen Unterweisung, die endlich aus der einseitigen Bindung der alten Lateinschulen an die Kirchen herauswächst.

Alle sympathischen Errungenschaften vom Christkindlesmarkt bis hin zur Spielzeugstadt Nürnberg haben hier ihre Wurzeln. Das neue Schulprogramm ist zwar noch lange konservativ, aber der Weg, den Schülern selbst und nicht einfach nur kirchlichen Zwecken zu dienen, ist unumkehrbar. Die neue „Obere Schul“ am Egidienberg spielt dabei die erste Geige. Bereits am 24. Mai 1526 kann der Unterricht beginnen.
Wenn wir ehrlich sind: Es wurde ein Flop. Die Nürnberger Bürgersöhne studierten lieber in Bologna und Paris. Der humanistische Nachweis, dass Griechisch und Latein die Welt zusammenhalten, war den erfolgsorientierten Kaufleuten und Patriziern auf Dauer nicht so wichtig. Und dass im Lesen der Luther-Bibel die Freiheit eines Christenmenschen liege, – ja freili, aber wer macht die Ärberd?
In Nürnberg blieb die Schule bis 1575. Dann folgte die Verlegung ins nahe Altdorf, wo sie 1622 zur Universität erhoben wurde.
Als Egidien-Gymnasium kehrt sie 1633 an ihren Ursprungsort zurück. 1642 wird sie von Johann Michael Dillherr übernommen. Seine an Comenius geschulte Unterrichtsmethode des orbis pictus, der Veranschaulichung des Stoffes, führte zu einer frühen Blüte moderner Pädagogik, begünstigt durch Kupferstecher und Haderlumpen.