Die Gotik


Gotik in Nürnberg. Während sich St. Sebald und Lorenz im frühen 15. Jahrhundert anschicken, an die Spitze von Kunst, Handwerk, Architektur und Religion zu treten und die Stadt beginnt, europäische Dimensionen anzunehmen, geschieht in St. Egidien dies:
Und ist die Unordnung in St. Egidien Kloster so weit kummen, dass dieser Ort einem Kloster nit mehr gleich gesehen …
Refenter und Schlafhaus ist öd gewesen und ist bei Tag und Nacht jedermann aus und ein gelaufen, sowohl Männer als auch Frauen, ja wohl auch unzüchtige, gemeine Vetteln, welche auch über Nacht dörfen drinnen verharren, also dass ein gemein Sprichwort entstanden, wer sein Weib verloren, sollte sie im Schottenkloster suchen. Man hat täglich drinnen mit Würfel und Karten gespielet und wie in einem offenen Wirtshaus Wein geschenkt.
Soweit die Müllnerschen „Annalen der Reichsstadt Nürnberg 1623“, S. 108.
Wieder eine Katastrophe mehr. Im Jahr 1418 wird die

Abtei von deutschen Benediktinern übernommen. Endlich tritt das Kloster in eine sozialverträgliche Beziehung zu seiner Umgebung. Endlich erhält auch der Rat der Stadt Mitspracherecht.
Die überfällige Reform war begleitet von umfangreichen Baumaßnahmen gotischen Stils, die sich über das 15. Jahrhundert hinzogen. Die Angaben des Codex Cheltenham (Preuß. Staatsbibliothek, Berlin) stimmen im Wesentlichen mit der in einem Nürnberger Stadtplan von 1653 skizzierten Klosteranlage überein.
In der Klosterchronik wird nun auch von einer Schola Aegidiana berichtet, die nicht nur Novizen, sondern in einer „weltlichen“ Klasse neuerdings Bürgersöhne aufnimmt. Die völlig dezimierte Bibliothek des Schottenklosters füllt sich wieder zu einem ansehnlichen Katalog. Gegenüber dem Kloster hat sich die seiner Zeit bekannteste Druckerei des Anton Koberger eingerichtet, dessen Schwiegersohn Hartmann 1493 die bekannte Schedelsche
Weltchronik herausbringt.